Donnerstag, 26. Januar 2012

Sonntag, 22. Januar 2012

"semana de circo" - geduld

Gestern ist eine extreme Woche zuende gegangen. "Semana de Circo" nannten wir das einwöchige Circusprojekt, welches wir an die Schnupperkurswoche des Circus Waldoni, in welchem wir für Jahre mitgewirkt haben, angelehnt haben. Von 9 bis 16 Uhr luden wir Kinder und Jungendliche aus der Favela Monte Azul und Peinha ein mit uns verschiedenen Circusdisziplinen auszuprobieren und am ende der Woche eine Aufführung für die Eltern zu gestalten. Unsere Bemühungen schon Wochen im vorraus feste Zusagen für die Teilnahme zu bekommen, erwiesen sich als unfruchtbar. Die verteiten Handzettel, die von den Eltern ausgefüllt zurückgegeben werden sollten, kamen einfach nicht zurück und einige derjenigen, welche diese dann soch abgegeben hatten, waren schlussendlich in der Woche garnicht dabei. Der direkte Kontakt mit den Kindern einige Tage vorher motivierte letztendlich die meisten zu kommen. Zudem ließen wir an den ersten beiden Tagen noch einige Kinder, die zu spät kamen noch mitmachen. Mit letztendlich 20 Kindern machten wir daraufhin gestern die Aufführung.
Der Prozess bis zur Aufführung, bzw die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen aus der Favela war für uns drei Deutschen wirklich eine Herausforderung, sowie anstrengend. Persönlich habe ich noch nie in meinem Leben eine vergleichbare Geduld aufbringen müssen. Den Kindern fiel es unglaublich schwer von uns aufgestellte Regeln zu akzeptieren. Dabei war stets die große Herausforderung von ihnen Ruhe und wirkliche Aufmerksamkeit zu bekommen, um ihnen ein Spiel, oder einfach nur das weitere Program  erklären zu können. Mit einem Gong wurde zum Kreis gerufen, in welchem sich die Kinder setzten sollten und still sein sollten. Dies hat nie sofort funktioniert. Wenn es dann einmal, durch gefühlt tausendfach wiederholtes "Silencio", möglich war zu sprechen, fielen sie einem immer wieder ins Wort. So wiederholte ich diese Woche viele dutzende Male den Satz: "Bitte seid ruhig wenn Sonja, Ole oder ich reden und respektiert das was wir sagen". Ihre Ungehorsamkeit rief in uns immer wieder das Gefühl hervor: "Ich fühle mich als Mensch nicht respektiert" und wir mussten uns immer wieder von diesem Gefühl distanzieren, um nicht emotionaloder wütend den Kindern gegenüber zu reagieren.
Natürlich setzten wir in dieser Woche Konsequenzen um, schickten einige Kinder, einmal sogar die ganze Truppe nachhause und erklärten ihnen immer wieder, dass wir ihr Verhalten unmöglich und repektlos empfinden.
Die Kraft für das ständige Ermahnen der Kinder, für das auf Ruhe warten, sowie um die Toleranz für bodenlose Anschuldigungen, Lügen und frechen Forderungen aufzubringen, fand ich in der Erkenntnis, dass die Kinder kein anderes Verhalten in ihrer Erziehung in der Favela erlernen konnten und dass wir als Deutsche von ihnen ein Verhalten fordern, welchem sie nich gerecht werden können, da sie es vielleicht noch nie erlebt haben. Auch schöpfte ich Kraft aus kleinen Momenten des Erfolgs. So besserte sich beispielsweise das Vehalten der Kinder über die Woche hinweg, oder ich entdeckte beim Training und natürlich bei der Aufführung das Freudenfunkeln in den Kinderaugen.
Für Sonja, Ole und mich war es immer vollkommen unverständlich, warum die Kinder zu einer freiwilligen Circuswoche kommen, aber dann das Programm und noch noch viel schlimmer unsere Autorität nicht respektieren.

Im Rückblick bin ich jedoch sehr froh über diese Woche, da sie mich viel tiefer in das Leben der Favelakinder eingeführt hat. Mir wurde deutlich wie wichtig es ist mit genau diesen Kindern zu arbeiten, ihnen Liebe zu geben und ihnen ein anderes Miteinander vorzuleben und beizubringen. Mir wurde noch intensiver bewusst wie viele Kinder wirklich schwierige Vergangeneiten im Gepäck haben und wie schmerz- und frustgeladen ihre Verhaltensweisen manchmal sind. Im Kontrast dazu freut sich mein Herz über die Beobachtung, dass diese Kinder, wie alle anderen Kinder auf der Welt, auch nur Kinder sind; dass man sie begeistern kann, sie fohlich, frei und im Momenet lebend beobachten kann und das Circuspädagogik mit seinem, das Selbstbewusstsein stärkende Prinzip, ihnen eine neue Kraft für die Zukunft geben kann.

Herzlich, 
Jonas

manaus und umgebung in bildern

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