Montag, 17. Oktober 2011

Vorbereitungen, brasislianische Taenze und der Fruehling

Es regnet in Brasilien, doch gleichzeigtig wird die Stadt gruener und der Fruehling haellt einzug. Ich sitze gerade in der Haengematte, die ich in meiner Gastfamilie taeglich belege und blicke ueber die Favela. Musik zu hoeren und zu reflektieren geniesse ich in diesen Tagen sehr und mir wird bewusst wie wichtig mir Momente der Ruhe sind, da die Zeit und das Leben wie im Flug an mir vorbeifegt. Man kommt in dieser Megastadt und dem konstaten Geraeuschpegel, unglaublich vielen speziellen Geruechen und fortwahrend neuen Begegnungen und Eindruecken einfach nur schwer zu sich.


"Lindalva's casa", in welcher ich nun schon seit ein paar Wochen lebe, beherbergt momentan sieben Freiwillige aus verschienden Laendern: eine Schwedin, eine Amerikanerin, eine Japanerin, eine Schweizerin und drei Deutsche. Auch sechs, der achtkoepfigen Gastfamilien wohenen hier, sowie zwei Untermieter, sodass in diesem Haus immer ein reges Treiben ist. Doch fuehle ich mich sehr wohl, und liebe die Herzlichkeit und Offenheit aller Mitbewohner und geniesse es natruerlich mich mit den anderen Freiwilligen austauschen zu koennen. Es tut mir gut, dass ich mit Menschen zusammenwohne, die irgendwie in eine aehnliche Richtung blicken und doch so verschiedene Hintergruende und Motivationen mitbrigen.


In der vergangenen Woche haben Sonja, Ole und ich an ganz verschiedenen Orten gemeinsam gearbeitet. Zum grossen Teil verwendeten wir Zeit dafuer eine kleine, zwanzingmintuetige Nummer zu entwerfen, die wir nun an verschiedenen Anlaessen auffuehren koennen. Zudem haben wir an zwei Tagen Spiele mit Kindern gemacht und dort erste Erfahrungen fuer unsere Arbeit gesammelt. Natuerlich sind unsere spaerlichen Sprachkenntnisse immernoch eine grosse Herausforderung, doch schlussendlich klappt die Verstaendigung dann doch erstaunlich gut.


Letzte Woche haben wir zudem viele Vorbereitungen fuer den Start unseres Circusprojektes getroffen, welches heute beginnen wird. Von nun an werden wir mit allen Schulkindern, die in der Vormittags- bzw. Nachmittagsbetreuung vom Nucleo Monte Azul oder Peinha sind, einmal pro Woche eine Stunde Circus machen. Diese Woche werden wir uns wohl erst einmal vorstellen, Spiele spielen und Akrobatik machen, um dann naechste Woche mit "Baellebasteln" fortzufahren.




Am vergagenen Wochenende habe wir am "Encontro de Artes", einem regelmaessig stattfindenden Kunstwochenende mit verschiedenen Themenschwerpunkten und dazu passenden Kursen in Monte Azul, teigenommen. Diesesmal hatte diese Veranstaltung "Movimento", also Bewegung zum Thema.
Ich habe einem genialen Workshop fuer brasilianischen Tanz teilgenommen und bemerkte dort, dass hier viele traditionelle Taenze im Kreis stattfinden, oft Partner gewechselt werden und ein hohes Tempo kennzeichnend ist. Begleitet wurde das Ganze natuerlich von traditioneller brasilianischer Musik, die von synchopischen Trommelrythmen dominiert wird und dazu eingaengige Melodien gespielt werden, die viele Teilnehmer des Workshops kannten und kraeftig mitsingen konnten.Zudem ist mir aufgefallen das viele Taenze Kampfcharakter - einen friedlichen Kampf natuerlich -  hatten, so wie man ihn auch bei Capoera finden kann.
In den letzten Wochen habe ich die Chance genutzt einige male am Capoerauntericht teilzunehmen und habe es sehr genossen. Mit den Erfahrungen an diesem Wochenende zusammen kann ich sagen, dass wohl viele Taenze die Eingenschaft haben den Tanzenden in einen leicht tranceartigen Zustand zu versetzen. Ich habe das Gefuel, dass dieser Zustand von den tiefen, gleichbleibenden Trommelrythmen und der enormen Konzentration, die fuer den Tanz aufgewendet werden muss zu einem grossen Teil hervorgerufen wird. So ist Capoera beispielsweise ein Kampf - hier wird es Spiel genannt -, in welchem es darum geht absolut aufmerksam und geistesgegenwaertig dem "Mitspielenden" zu begegnen und respektvoll zusammen zu spielen. Es geht also darum die individuellen Bewegungen in einem gemeinsamen Tanz zu verbinden.
Immer wenn ich versucht habe Capoera zu machen ist mir im nachhinein aufgefallen, dass ich waehrend des Kapfes vollkommen bei der anderen Person, und mit meinen Bewegungen beschaeftigt war und die Welt um mich herum vollkommen in den Hintergrund getreten ist. Nach dem Tanzen jedoch habe ich mich als gedannklich geordneter und klarer erlebt; ein gutes Gefuehl.
Doch Capoera ist nicht nur ein Tanz, sondern beruht auf einer Philosophie, oder ist eine Lebensweise. Der Respekt, der beim "Spielen" dem Gegenueber dargeboten wird, stellt  genau den Respekt und die Aufmerksamkeit dar, die im alltaeglichen Leben genauso auch gelebt werden soll. Capoera ist also ein Tanz, welcher die Werte Respekt und Aufmerksamkeit in Bewegungen verkoerpert und sie vieleicht sogar dadruch in unserem Bewusstsein manifestiert.




Herzensgruesse schicke ich euch aus einem kuehlen Brasilien,
das mein Herz bewegt und mir neu Blickwinkel auf die Welt eroeffnet,
mich taeglich herausfordert und meine Flexibilitaet auf die Probe stellt,
mich aber gleichzeitig sehr inspiriert und mir viel Lebensfreude schenkt!


Até mais,
bis bald,


beijus jonas

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