Mittwoch, 22. Februar 2012

Fragen.

Dem Text "zwischen Sonne und Regen - Eine Reflektion über die Aula de Circo" sich anschliessend, möchte ich gerne einige Frage formulieren, von welchen ich mir wünsche, dass sie in Kommentaren diskutiert und bewegt werden.


Können Kinder unter zwölf Jahren - das ist die Altersklasse mit welcher wir vornehmlich arbeiten - aktiv ihr Verhalten mitbestimmen? Kinder nehmen bis zum Einsetzen der Pubertät, dem Beginn des selbstreflektierten Ich-Bewusstseins das Verhalten, die Lebensweisen und Sitten ihres Lebensumfeldes auf und gestalten daraus ihr Leben.
Ich frage mich, in wie fern kann ein Kind, dass uns respektlos behandelt, unsere Circusrequisiten wegnimmt, oder uns mit Steinchen bewirft, persönlich als schludig für dieses Verhalten erklärt werden? Ist das Kind nicht ein Resultat seines Lebensumfeldes, gerade weil es noch nicht als ich eigenständig sich für einen Weg, eine Verhaltensweise entscheiden kann?
Dann frage ich mich, wer ist für dieses von Gewalt und Drogen geprägte Lebensumfeld verantwortlich?
Ich frage mich warum gibt es Favelas, warum Armut, warum gibt es soviel Reichtum auf der Erde und doch so wenig Wille zum Teilen? Macht unser westlicher Reichtum andere arm? Sind es gierige Menschen auf der anderen Seite der Welt, die an den Lebensbedingungen der Favelakinder mitteilhaben?


Dies sind Fragen die aus meinen Beobachtunge hier in Brasilien entspringen und noch keine Antworten in mir gefunden haben. Bewegt diese Fragen mit!



2 Kommentare:

  1. provokativ könnte ich antworten, dass ihr selber, die ihr im Lebensumfeld der Kinder seid (von dem wie du gesagt hast, die Kinder geprägt werden, wie ich ganz deiner Meinung bin) verantwortlich seid dafür, dass ihr respektlos behandelt werdet oder euch Requisiten geklaut bekommt!
    Auf der anderen Seite gebt ihr dadurch den Kindern natürlich auch eine Chance etwas anderes kennen zulernen - außer Drogen und Gewalt - und prägt somit das zukünftige Verhalten der Kinder ganz gewiss ein Stück weit mit. In erster Linie würde ich normalerweise die Eltern für das Verhalten der Kinder in Verantwortung ziehen, dass dies nicht funktioniert, wenn die Kinder keine Eltern haben leuchtet ein - oder wenn schon die Eltern zum Opfer von Drogen und Gewalt gefallen sind...
    Jemanden einzelnen für die Gesamtsituation (Armut, Drogen und Gewalt) verantwortlich zu machen wird nicht ganz einfach sein - aber ist dies nötig um sie zu verändern?
    Ich denke eher, dass man sich überlegen sollte welche Faktoren diese Situation verschlimmern und welche sie verbessern können und dementsprechend zu handeln. Da seid ihr gewiss auf dem richtigen Weg!
    weiter so!

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  2. so ehrenwert diese fragestellung ist, muss einem leser dennoch auffallen, dass im vorhergehenden blogeintrag sehr häufig das wort disziplin auftaucht ...
    und es hat einen sehr guten grund, dass deutschland im allgemeinen, und die deutschen im einzelnen vom rest der welt vor allem für ihre disziplin bekannt sind.
    eine solche disziplin, wie ich sie von deutschen kindern im selben alter fordern würde kann aber nicht die messlatte sein, die ihr an den kindern in den favelas anlegt.
    diese kinder sind natürlich nicht für ihr umfeld verantwortlich, aber sehr wohl für ihr handeln!
    diebstahl von requisiten ist falsch ... das wissen auch diese kinder!!!
    behandelt diebstahl auch als solchen!

    frechheiten und vorlaute sprüche von kindern ... darauf würde ich nur in ausnahmesituationen reagieren - zeigt eher das ihr darüber steht.
    (auf steinwürfe würde ich sehr wohl reagieren - auch hier: die kinder wissen, dass dies falsch ist!)
    dass regeln nicht eingehalten werden und keine ruhe einkehrt verwundert mich nicht wirklich.
    wart ihr schonmal in einer sambaschule und habt den unterricht dort gesehen?
    (wäre ein guter anhaltspunkt zum verständnis der unterrichtskultur)
    ohne diese erfahrung würde ich sagen:
    beeindruckt die kinder - zeigt ihnen was ihr könnt und ihnen beibringen wollt ... und dann erklärt den kindern die dinge einzeln
    (ich denke, das kommt den kindern entgegen und entlastet euch, denn ihr erklärt es nicht doppelt und dreifach obwohl ihr es nur einmal erklären wolltet ... sondern ihr plant, es merhfach zu erklären).
    so funkioniert zumindest in vielen afrikanischen ländern der schulunterricht.

    ansonsten führt bei kindern nur eine sache zum erfolg:
    gebt ihnen nicht das gefühl, dass ihr auf sie herabseht (weder auf sie als kinder, noch auf sie als brasilianer - wobei ich davon ausgehe, dass ihr das vorbildlich tut) und lebt die regeln vor (wobei regeln wieder ein sehr deutsches lebensgefühl sind) ...

    und so ehrenwert es ist, dass du wirklich etwas bewegen möchtest ... trenn dich von der vorstellung, dass eine veränderung der gesamtsituation in brasilien durch dich als einzelperson eintreten kann .. tu das was du im kleinen tuen kannst (was ihr ja im moment tut - dafür meinen tief empfundenen respekt) und wenn sich im kleinen genug bewegt, dann ändert sich auch im großen etwas.
    aber diese entwicklung kann man als aussenstehender nicht vollbringen - dies müssten die brasilianer tun (um ihren eigenen stolz zu behalten und sich nicht von aussen bevormundet zu fühlen - solche veränderung hat niemals den positiven effekt der änderung aus eigenantrieb).

    ich hoffe das klingt jetzt nicht wie eine belehrung (denn so ist es nicht gemeint - nur meine gedanken zu dieser problematik) ... zur sicherheit nochmal: ich finde echt gut was ihr tut und wünsche euch, dass alles so ist/wird wie ihr euch das erhofft.

    grüße
    roland

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