Sonntag, 5. August 2012

hauptprobe.

Zwei Tage bis zur Aufführung "O pequeno Sonhador"! Für unsere acht Schüler, die dieses Spektakel auf die Bühne bringen wollen, scheint diese kurze Zeitspanne keine Kraft zu haben sie zu konzentrierter Arbeit, produktiver Zusammenarbeit zu motivieren. 
Seit Wochen bereiten Sonja, Ole und ich die Circusaufführung vor; planen von Handlungsrahmen, Geschichte, Nummern, Kostümen, Requisiten, Musik, Szenerie, Publikationen, und  vielen mehr alles mit Enthusiasmus und Freude. Nun sind wir drei, zwar nur knapp, aber doch gut vorbereitet. Unsere acht "Racker" jedoch kann man nicht so leicht motivieren, bzw. ihnen eine konzentrierte Arbeitsweise, die vor einer Aufführung notwendig ist zeigen und beibringen. Sie leben viel zu strak im Moment, ohne eine innere Planung für die nahe Zukunft aufzubauen, obwohl wir immer wieder versuchen die zeitnahe Aufführung in das Bewusstsein der Kinder zu locken. 
Gestern bei der Hauptprobe fehlten zwei der acht Kinder und in der Vorbereitungsphase jener vorletzten Probe begann sich zunächst der Hauptcharakter mit einem Mädchen zu prügeln, welches einen Schlag auf den Mund anbekam - der Mund blutete. Sie biss die Zähne zusammen und machte trotzdem die Probe. Dem "Täter" versuchten wir vergeblich dazu zu bewegen eine Entschuldigung abzugeben, er blieb ignorant und dickköpfig. 
Mit jener unbändigen Sturheit und Dickköpfigkeit haben wir jeden Tag zu tun. Die Kinder sind zwischen sieben und vierzehn Jahre alte, lassen sich aber von uns praktisch kaum noch etwas sagen. Respektlos ignorieren sie oftmals unsere Aufforderungen und Bitten und nur mit unbändiger Geduld gelingt es hin und wieder den Unterricht auf unsere Art zu gestalten, Konflikte auf der verbalen Ebene zu lösen und ein einigermaßen pazifistische und aufbauende Arbeitsweise mit ihnen zu etablieren. 
Ein guter Freund und Pädagoge sagte mir vor eineigen Tagen sehr zutreffend: "Die Kinder verbringen einige Stunden mit euch in der Woche, in welchen ihr Ihnen ein friedvolles Miteinander vorlebt und impulsiert, doch den Rest der 24 Stunden am Tag erleben sie Streit  und dies schon ihr Leben lang." Wir erwarten von den Kindern sehr viel, wir erwarten, dass sich die Kinder so verhalten, wie wir es uns aus unserem sozialen Umfeld in Deutschland erwünschen würden. Hier treffen zudem zwei ganz unterschiedliche Kulturen aufeinander und zudem zwei unterschiedliche soziale Schichten. Die Kinder können sich nicht so schnell an uns anpassen, besonders weil sie aus der Stunde herausgehen und jeglicher Konflikt sofort wieder mit der Faust gelöst wird. 

Somit haben wir unendliche Geduld, schauen nach vorne, versuchen "Gutes" vorzuleben und freuen uns über viele kleine, aber dennoch wunderschöne Erfolge eines jeden Kindes. 

Der morgen ist wunderschön in Sao Paulo und ich mache mich auf den Weg 
zur Generalprobe; Geduld und Gelassenheit in meinem Gepäck. 
Wir geben unser Bestes!

Gruss, Jonas

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